Mauerweglauf über 100 Meilen grandios bewältigt
Unser Dauerläufer Ferenc Zsoldos legte die 100 Meilen des Mauerweglaufs am gestrigen Tag mit einem hervorragenden Ergebnis zurück. Auf Gesamtplatz 3 der Einzelläufer und als erster seiner Altersklasse beendete er nach insgesamt 16 Stunden 40 Minuten und 15 Sekunden das Rennen, auf das er sich intensiv und lange vorbereitet hatte. Nach einer Corona-Infektion mitten in der Vorbereitung waren weder der Start noch das hervorragende Ergebnis eine Selbstverständlichkeit.
Wir sind stolz auf dich, lieber Ferenc! Herzlichen Glückwunsch und gute Erholung.
Hier der Bericht von Ferenc:
" Grenzen verschieben…Mauerweglauf 2022
Der letzte Satz bei meinen Bericht vom letzten Jahr lautete „Der Lauf hat mir meine Grenzen aufgezeigt“. Dieses Jahr habe ich es geschafft, meine Grenzen zu verschieben. Die eigentliche Trainingsvorbereitung für die 100 Meilen in Berlin waren eine Katastrophe. Anfang Juli hat es auch mich erwischt … Corona hat leider keinen Bogen um mich herum gemacht. Toll, sechs Wochen vor dem Mauerweglauf. Ich hatte kaum Symptome. Ein wenig Halsschmerzen und ein bisschen Fieber, die nach ca. 4 Tagen wieder verschwunden waren. Positiv war ich allerdings fast zwei Wochen. An dem Tag, an dem ich wieder negativ war, bin ich gleich mal ganz locker 10 km gelaufen….das ging gar nicht. Nach 2-3 km hatte ich richtige Muskelschmerzen. Den darauffolgenden Tag dasselbe. So entschloss ich mich, den Mauerweglauf nicht zu laufen und meinen Startplatz zu verkaufen. Nach zirka einer Woche versuchte ich erneut zu laufen und zu meiner eigenen Verwunderung war es auf einmal so, als wäre nichts gewesen. Außer dass mein Puls höher war als sonst, fühlte ich mich richtig gut. Hm… jetzt waren es noch drei Wochen bis zum Lauf. Ich entschied mich, voll zu trainieren. Der Plan war lange, langsame Läufe zu machen. So hatte ich nach der ersten Woche 140 km auf der Uhr. Was ich aber anmerken muss ist, dass meine Motivation ganz unten war. Den Sonntag wollte ich eine 80 km Trainingseinheit laufen, aber nach 60km hatte ich keine Lust mehr… körperlich hätte ich es geschafft. Die zweite Woche habe ich es ruhiger angehen lassen.
Keiner wollte meinen Startplatz haben und so wurde es immer klarer, dass ich doch nach Berlin fahre und versuche, den Lauf durchzustehen. Udo, mein Trainer, meinte, durch meine gute Vorbereitung müsste ich schnell wieder auf einem guten Level sein. Mein Puls beim Laufen war auch wieder in einem normalen Bereich. Ich hatte dennoch arge Zweifel, dass das gut geht. Meine Frau merkte auch, dass ich nicht so euphorisch war wie das Jahr davor. Was ich gemacht habe war riskant nach der Coronaerkrankung. Ich habe während der Trainingsläufe viel in mich rein gehorcht und darauf geachtet wie mein Körper reagiert.
Nach der Regenerationswoche ging es dann nach Berlin. Wettervorhersage für den Samstag waren 32 Grad… na toll, dass kann ja was werden. Ich bin für mich davon ausgegangen, den Lauf nicht komplett zu laufen und dass das mein erster DNF wird.
Morgens um sechs Uhr war der Start. Es war Pflicht bei diesem Lauf, auf Grund der Wärme, 0,5 Liter Flüssigkeit mitzunehmen…. Dieses hatte ich mir sowieso vorgenommen, da ich mir während des Laufes mehr Elektrolyte zuführen wollte wie das Jahr zuvor....
Ohne mir ein Ziel für den Lauf zu setzen lief ich los. Meine Devise am Anfang war es, nicht zu schnell zu laufen und so versuchte ich mich bei einer Pace von 5:40-5:50 einzupendeln. Bei Kilometer 54 hat Gabi, meine Radbegleitung und Ehefrau, auf mich gewartet. Sie hat mich dieses Jahr wieder mit dem Rad begleitet. Da ich im Training nicht länger als 60 km gelaufen bin, war ich gespannt, wie ich mich nach 60 km fühle. Ich fühlte mich gut und konnte meine Pace halten. Gott sei Dank war es die ganze Zeit bewölkt und nicht so warm wie angekündigt. Letztes Jahr fühtle ich mich schon bei km 60 körperlich schlechter.
Der nächste Knackpunkt in meinem Kopf war Kilometer 120, da es mir dort letztes Jahr richtig schlecht ging. Dieses Mal war alles gut. Natürlich habe ich gemerkt, dass ich schon 120 km in den Beinen hatte. Meine linke Wade zickte ein wenig rum und ich dachte, hoffentlich bekomme ich keine Wadenverhärtung, denn dann wäre der Lauf für mich vorbei gewesen. Aber irgendwann war wieder alles gut. Bei einer von insgesamt 26 Verpflegungsstationen erzählte mir eine Helferin, das ich auf einer top Position laufen würde. Das machte mich natürlich neugierig. Ich hatte eher das Gefühl, dass ich so auf Platz 15-20 liege…. aber nein ich lag zu der Zeit auf dem 4. Gesamtplatz und in meiner Altersklasse auf Platz eins… ich konnte es gar nicht glauben. Nun ja, es lagen noch 40 km, also fast eine Marathondistanz, vor mir und da kann noch viel passieren. Nach ein paar Kilometern überholte ich dann einen Läufer und meinte aus Spaß zu meiner Frau "jetzt bin ich Dritter“. Das letzte Stück vom Lauf war nicht so gut. Es ging durch die Stadt um die Uhrzeit, wo viele Leute auf der Strecke unterwegs waren. Es war ein Spießrutenlaufen. Rufen, dass sie Platz machen, ausweichen, abbremsen und das ganze nach ca. 150 km. Aber dann hörten wir die Menschen am Zielstadion und als der Moderator auch noch mich als Drittplatzierten ankündigte, schoss das Adrenalin in meinen Körper und ich dachte, ich fliege die Runde bis ins Ziel…. Ein wahnsinniges, überwältigendes Gefühl…. Ich, Dritter in der Gesamtwertung… bei so einem Lauf…absolut verrückt. Aber auch hier muss ich mich wieder bei meiner Frau bedanken, die mich wieder 107 km auf dem Rad begleitet und angetrieben hat, eine solche Leistung zu vollbringen.
Ich bin sehr froh, den Lauf gelaufen zu sein… aber das war mein letzter 100 Meilen-Lauf…
Jetzt freue ich mich auf das nächste Highlight, den Bilsteinmarathon (100 km) im Oktober…
Kleine Statistik:
Die ersten 100km waren knappe 10 Minuten langsamer als beim Biel 100 im Juni.
Verbrauch:
Ca. 15 Liter Flüssigkeit
3 Bananen
½ Apfel
3 Salzstangen
1 Salzkracker
550 Läuferinnen/Läufer und davon 254 DNF oder nicht gestartet."