Eick Rösch rockt Mozart 100
Unseren Trainingsfreund Eick Rösch haben wir schon lange nicht mehr im gemeinsamen Training gesehen - aber er lag nicht auf der faulen Haut. Im Gegenteil: die akkribische Vorbereitung auf den großen Event am 17./18.6.2023 mit vielen langen Läufen war zeitlich nicht mit dem PSV-Training in Deckung zu bringen. Um so mehr freuen wir uns, dass er den großen Lauf super geschafft hat und uns bald wieder die Ehre gibt..... Hier sein Bericht:
" Am 17.Juni kurz vor fünf Uhr morgens war es endlich soweit. Ich stand mit 689 Anderen auf dem Kapitelplatz in Salzburg, um den Mozart 100 zu laufen.
Vier Monate intensives Training hinter mir und bestens vorbereitet auf das was da kommen sollte, war ich sehr zuversichtlich, meinen ersten Ultramarathon über 100 km zu finishen. Die ersten ca 25 km verliefen relativ flach und waren gut zum Einlaufen. Zudem liefen wir dem Sonnenaufgang entgegen und es war unglaublich schön und motivierend, mit so vielen meist netten Menschen aus über 74 Nationen in dieser tollen Gegend laufen zu können.
Der Filbling war die erste große Hürde. Es ging teilweise sehr steil bergauf und fast ausschließlich über Wurzeln. Hier war das oberste Gebot, vorsichtig zu sein und nicht allzu oft umzuknicken. Aus diesem Grund habe ich für die ersten 70 km auch eher flache Schuhe gewählt. Als ich den Gipfel erreicht habe, bot sich ein traumhafter Blick auf den Fuschlsee und die umliegenden Berge. Nun lag der erste längere Downhill vor mir und ich habe mir vorgenommen, diesmal etwas vorsichtiger zu sein, um mir nicht gleich meine Oberschenkel zu stark zu belasten, denn da sollten noch einige anspruchsvolle Auf- und Abstiege kommen. So ging es weiter über die Schafberg Alm auf das Zwölferhorn, den höchsten Punkt dieser Tour.
Die Freude, den Gipfel gut erreicht zu haben und dass ich im Tal meine Frau sehen werde, ließen mich vorsichtig, aber flott die 1000 Höhenmeter am Stück bergab gut überstehen. An der Verpflegung in St. Gilgen am Wolfgangsee erwartete sie mich schon und meinte, ich sei zu schnell.
In St. Gilgen konnten wir auf unser Dropbag zurückgreifen, aber das war bei mir erst für das zweite Mal geplant und bis dahin funktionierte alles sehr gut. Also mit einem Kuss von meiner Frau auf den Weg über den Schafberg aufgemacht. Nun stand erst einmal eine Strecke um den See an, bevor es bergauf ging. Leider muss man da nach einigen Höhenmetern wieder runter zum See, bevor es richtig steil nach oben geht. Und leider gab es kaum Möglichkeiten, sich unterwegs abzukühlen, es hatte inzwischen 26 Grad.
Irgendwie waren fast alle Bäche versiegt. Aber einmal tauchte ein Häusel auf und da gab es eine Quelle, aus der angeblich Heilwasser kommt. Also fest dran glauben und alles wird gut, dachte ich mir.
Am Gipfel angekommen, habe ich erstmal eine kleine Pause gemacht und das erste Red Bull in meinen Leben getrunken. Der Abstieg war sehr anspruchsvoll, aber auch hier bin ich sehr gut runter gekommen.
Mein Plan war, wenn ich das zweite Mal in St. Gilgen bin (nach 69 km), noch gut laufen zu können, damit ich hinten raus eher aufholen kann und nicht zu viel Zeit liegen lasse. Also einmal Gels aufgefüllt, Blasenpflaster auf die geschundenen Zehen geklebt sowie Schuhe, Strümpfe und Shirt gewechselt.
Meine Frau hat mir währenddessen Essen und Trinken gereicht und mir gut zugeredet, was unglaublich wichtig und motivierend war.
Neben mir saß eine junge Frau, die gerade aufgeben wollte. Wir redeten ein wenig und ich konnte sie motivieren, weiter zu laufen. Hoffentlich hat sie das Ziel erreicht. Ich könnte übrigens sehr viel über MitläuferInnen berichten, aber außer von zweien lass ich das mal, der Länge wegen...
Danach folgte noch ein Anstieg von ca 300 Höhenmetern und danach ging es locker nach Fuschl, wo meine Frau das letzte Mal an der Strecke sein würde. Ich trank einen halben Liter Cola, aß etwas, kühlte mich ab und los ging es Richtung Salzburg. Ich hatte noch gut Kraft und Ausdauer, um um den See voll durchzulaufen. Die Anstiege bin ich konsequent gehiked und immer mit Unterstützung meiner Trailstöcke, die ich das erste Mal sogar teilweise bergab eingesetzt habe.
Einmal war der Lauf für mich fast beendet. Ich überholte einen Läufer auf einem sehr schmalen Weg und trat auf einen Grasbüschel, unter dem aber nichts mehr war. Ich rutschte seitlich den Hang runter und konnte zum Glück mit der rechten Hand eine Wurzel greifen, so dass ich mich wieder hochziehen konnte.
Ich habe nicht den Hang hinunter geschaut, sondern bin einfach weiter gerannt, also weiß ich nicht, wie tief es war. Allerdings war der Läufer, den ich überholt habe, ziemlich geschockt. Bis zum vorletzten Anstieg lief es super und ich habe einen Läufer nach dem anderen eingesammelt. Auch den Nockstein habe ich sehr ordentlich gepackt und war dermaßen motiviert, jetzt auf den letzten Kilometern alles rauszuholen, was noch geht, um eine gute Platzierung zu erreichen. Leider waren ein Österreicher und ich einmal so schnell, dass wir einen Abzweig im Wald übersehen haben und bergauf weiter gerannt sind.
Das hat uns ca 15 Minuten gekostet und ich musste einen anderen Kasseler, mit dem ich eine Weile gelaufen bin und den ich eigentlich viel stärker eingeschätzt habe, ein zweites Mal überholen.
Es wurde zudem im Wald merklich dunkel und da ich bei schlechtem Licht nicht mehr so gut sehe, kramte ich die Stirnlampe raus (die wir am Abend zuvor in einem Einkaufszentrum außerhalb der Stadt kaufen mussten, da ich meine zu Hause vergessen hatte) und war wieder voll konzentriert und sicher.
Die allerletzte Hürde vor dem Ziel ist der berüchtigte Kapuzinerberg mit unzähligen Stufen hoch und wieder runter. Hier trafen wir auf eine Läuferin, die mir ganz zu Anfang aufgefallen ist, weil sie fast jeden Anstieg gelaufen ist, wo alle Anderen nur gehen konnten. Die junge Frau kam aus Neuseeland und wir liefen gemeinsam bis zum Ziel. Nach den letzten Stufen runter liefen wir durch die Altstadt und die Leute Drumherum machten viel Krach und feuerten uns frenetisch an. Das war so unfassbar schön, dass mir beim Schreiben gerade die Tränen kommen. Also zum Genießen noch ein paar Kurven durch die Stadt, der Dame aus Neuseeland mitgeteilt, dass sie bitte vor mir ins Ziel läuft, an der letzten Ampel grün, über den Residenzplatz am Dom vorbei und dann war es so weit.
Die Zielgerade, die Freude, mein Zielfoto, von dem ich so oft geträumt habe und natürlich meine geliebte Frau, ohne die ich das alles nicht hätte verwirklichen können. Das Gefühl ist unbeschreiblich und ich werde es bestimmt noch oft nachfühlen.
Der Schmerz geht, der Stolz bleibt.
Ich wurde 185.er von 690 Startern
und 4.er in meiner Altersklasse
bei meinem ersten Lauf über 100 km.
Noch ein paar Zahlen dazu
107,67 km
16:57:48 Std.
5135 Höhenmeter
Kalorienverbrauch: 8200
Schritte Samstag: 137550
Bedanken möchte ich mich bei allen die mir im Vorfeld Mut gemacht haben und während des Rennens die Daumen gedrückt haben. Ihr seid großartig, lieben Dank."
Lieber Eick, wir freuen uns mit dir!!! Und ich kann dir sagen: die gesamte Hessenmeisterschaftshalbmarathongruppe hat den ganzen Abend mitgefiebert!!!